Deutsche Börse Photography Prize 2010

Die Finalisten des Deutsche Börse Photography Prize 2010 waren Anna Fox, Zoe Leonard, Sophie Ristelhueber und Donovan Wylie. Am 17. März 2010 zeichnete die Jury in der Photographers’ Gallery in London Sophie Ristelhueber mit dem Deutsche Börse Photography Prize 2010 aus. Die Photographers’ Gallery in London war gleichzeitig Ort der Eröffnungsausstellung.

Die Ausstellung „Deutsche Börse Photography Prize 2010“ im Frankfurter Kunstverein wurde am 12. Mai eröffnet und wurde dort bis 25. Juli 2010 gezeigt.

Die Jury

Die Mitglieder der diesjährigen Jury waren: Olivia Maria Rubio (Ausstellungsleiterin, La Fàbrica, Spanien), Gilane Tawadros (Vorstand, Design Artists Copyright Society, Kuratorin und Autorin), James Welling (Künstler, USA) und Anne-Marie Beckmann (Kuratorin, Art Collection Deutsche Börse, Deutschland). Brett Rogers, die Direktorin der Photographers’ Gallery, führte den Vorsitz (ohne Stimmabgabe).

Die Finalisten wurden für folgende Projekte nominiert:

Country Girls 1999, From the series Country Girls 1996 - 2001; © Anna Fox and Alison Goldfrapp

Anna Fox

(geb.1961, Großbritannien) wurde für ihre Ausstellung Cockroach Diaries & Other Stories (Ffotogallery, Cardiff Juli bis Oktober 2009) nominiert.
Sie wurde mit ihrer Dokumentarstudie zur Britischen Bürokultur „Work Stations: Office Life in London“ Mitte der 80er Jahre als eine Vertreterin einer neuen Welle britischer Dokumentar-Farbfotografen und Schülerin von Martin Parr bekannt.
Ihre aktuellste Ausstellung, Cockroach Diary & Other Stories in der Ffotogallery, Cardiff, zeigte autobiographische Miniaturen, die sowohl die tragischen als auch komischen Seiten eines zerbröckelnden sozialen Gefüges beleuchten. Dabei kombiniert Fox fotografische Beweisstücke mit frustrierten Tagebucheinträgen: ‘Dritter September 1996: Kakerlake mit dem orangefarbenen Schuh an der Badezimmerwand zermatscht – sehr betrunken.’
Ihre Arbeit, subtil und satirisch zugleich, zeichnet sich durch einen feinen Sinn für das unterschwellig Düstere aus, der selbst in scheinbar gewöhnlichen Situationen Abgründiges findet. Dass sie in Farbe arbeitet – was normalerweise nicht mit düsteren und schattenhaften bildlichen Darstellungen verbunden wird, verleiht ihrem Werk zusätzlich eine kuriose Ebene, zumal es sich zunehmend in eine erzählerische Richtung entwickelt.

Image from Analogue, 1998-2009; © Zoe Leonard. Courtesy the artist and Galerie Gisela Capitain, Cologne

Zoe Leonard

(geb.1961, USA) wurde für ihre Retrospektive ZOE LEONARD: Photograph (Pinakothek der Moderne, München, April bis Juli 2009) nominiert.
Seit über 20 Jahren beschäftigt sich Zoe Leonard in ihrem Werk mit Gegensätzen wie Natur und Zivilisation, der Innen- und Außenwelt oder den Geschlechterrollen. Die Fotografie eignete sie sich autodidaktisch an. Im Zentrum ihres Interesses stehen vor allem unscheinbar oder belanglos anmutende Dinge und Alltäglichkeiten, die sie mit großer Beharrlichkeit und oftmals zärtlich anmutenden Respekt durchdringt, um sie zum Sprechen zu bringen. Bekannt wurde die Künstlerin 1992 als sie zur documenta IX eingeladen wurde. Eine weitere Teilnahme an der documenta folgte 2007. Zoe Leonard ist Mitbegründerin des feministischen Kollektivs „Fierce Pussy“.
Leonard fotografierte immer wieder Schaufenster und kleine Geschäfte in großstädtischen Vororten und Randbezirken. Sie zeigt Formen des Konsums am Rande unserer Aufmerksamkeit, abseits von Ästhetisierung und Werbestrategien - als wären die globalen Märkte an ihnen vorbeigegangen. Analogue (1998–2007) bringt hunderte solcher Fotografien in eine große Komposition, die in visuelle Kapitel gegliedert werden kann. Leonards Fotografien werden gemeinsam mit dem Negativrahmen gezeigt, auch die Spuren des fotografischen Prozesses, wie Staub oder Kratzer, bleiben erhalten.

WB (n°7), 2005; © Sophie Ristelhueber/adagp

Sophie Ristelhueber

(geb.1949, Frankreich) wurde für ihre Retrospektive Sophie Ristelhueber (im Jeu de Paume, Paris, Januar bis März 2009) nominiert.
Sie arbeitete nach einem Studium an der Sorbonne zunächst als Journalistin, bevor sie sich ab 1980 der Fotografie zuwandte. Charakteristisch für ihr Werk ist ein dokumentarischer Blick auf Krisen- und Kriegsgebiete. Ihre Bilder sind beredte Zeugnisse der sichtbaren Spuren, die die Gewalt des Krieges an Landschaft und Menschen hinterlässt. Ristelhueber fotografierte das zerbombte Beirut in den Achzigern, den Irak in den Neunzigern und den frühen 2000ern und auch die Wunden und Narben, die die Gewalt den Menschen zugefügt hat.
Bilder aus 25 Jahren Schaffenszeit waren dieses Jahr im Jeu du Paume in Paris zu sehen – eine bedrückende und beeindruckende Sammlung monumentaler Zerstörungswut.

Deconstruction of the Maze prison, Northern Ireland 2009; © Donovan Wylie/ Magnum Photos

Donovan Wylie

(geb.1971, Großbritannien) wurde für seine Ausstellung MAZE 2007/8 (im Belfast Exposed, März bis Mai 2009) nominiert.
Wylie, der aus Nordirland stammt, begann schon mit 16 Jahren zu fotografieren. Bereits Anfang 20 wurde er von der Magnum Photo Agentur berufen; 1997 wurde er mit nur 26 Jahren das jüngste vollwertige Mitglied der Agentur.
Wylies Arbeiten bewegen sich im Themenumfeld religiöser Identität, Geschichte, dem Konzept des nordirischen Territoriums und der Architektur des Konflikts.
2002 - 2003 hatte Wylie als einziger Fotograf die Erlaubnis, im und um das Gefängnis Maze unweit von Belfast zu fotografieren. Dieser Ort wurde durch seine Geschichte von politischer Segregation, Unruhen, Hungerstreiks, Massenfluchten und Todesopfern unter Angestellten und Insassen zum Synonym für den nordirischen Konflikt. Als das Gefängnis ab 2007 abgerissen wurde, dokumentierte Wylie systematisch dessen Niedergang indem er das Gebäude in vier Schichten „zerlegte“: Die inneren Mauern, die verschiedenen Arten der Umzäunung, die berüchtigten H-Blöcke und letztendlich die Begrenzungsmauern, die den Blick auf die Landschaft außerhalb freigeben.