Deutsche Börse Photography Prize 2011

Aus über 70 nominierten Künstlern sind die vier Finalisten für den Deutsche Börse Photography Prize 2011 ausgewählt worden: Roe Ethridge, Thomas Demand, Jim Goldberg und Elad Lassry. Am 26. April 2011 zeichnete die internationale Jury in der Photographers’ Gallery in London Jim Goldberg mit dem Deutsche Börse Photography Prize 2010 aus. Der Deutsche Börse Photography Prize wird jährlich von der Photographers’ Gallery in London vergeben – dort wurde auch die Ausstellung der vier Finalisten gezeigt, zunächst im Ambika P3 in der Westminster Universität. Im Anschluss war sie im C/O Berlin im Alten Postfuhramt sowie in The Cube, Konzernzentrale der Gruppe Deutsche Börse in Eschborn, zu sehen.

Die Jury

Die Mitglieder der diesjährigen Jury waren Alex Farquharson (Direktor, Nottingham Contemporary, Großbritannien), Marloes Krijnen (Gründungsdirektorin, Foam Fotografiemuseum Amsterdam, Niederlande), Joel Sternfeld (Künstler, USA) und Anne-Marie Beckmann (Kuratorin, Art Collection Deutsche Börse, Deutschland). Brett Rogers, die Direktorin der Photographers’ Gallery, führte den Vorsitz (ohne Stimmabgabe).

Die Finalisten wurden für folgende Projekte nominiert:

Thomas Demand, Haltestelle, 2009 © Thomas Demand, VG Bild-Kunst, Bonn / DACS, London

Thomas Demand

(geboren 1964 in Deutschland) wurde für seine Ausstellung „Nationalgalerie“ in der Neuen Nationalgalerie Berlin (18. September 2009 – 17. Januar 2010) und im Boijmans van Beuningen in Rotterdam, Belgien (29. Mai 2010 – 22. August 2010) nominiert. In dieser Ausstellung beleuchten Demands präzise und doch seltsam beunruhigende Fotografien das soziale und öffentliche politische Leben in Deutschland. Er benutzt häufig Fotografien aus den Medien und verwandelt diese Szenen in lebensgroße, aufwändig konstruierte dreidimensionale Papiermodelle, die er dann fotografiert. Vom Inneren des Bonner Parlaments der 1960er Jahre bis zum Kinderzimmer des Künstlers: die Räume entfalten subtil die Mechanismen ihrer Entstehung und fordern die Realitätswahrnehmung des Betrachters heraus, indem sie Erinnerung und fotografische Wahrheit untersuchen müssen.

Roe Ethridge, Thanksgiving 1984, 2009 © Roe Ethridge/ Courtesy of Greengrassi London/ Andrew Kreps Gallery, New York/ Mai 36 Gallerie, Zürich

Roe Ethridge

(geboren 1969 in den USA) wurde für seine Einzelausstellung bei den Rencontres d’Arles in Frankreich (3. Juli – 19. September 2010) nominiert. Indem er die Grenzen zwischen Werbung und Redaktion und dem Alltäglichen und Intellektuellen verwischt, wird seine konzeptuelle Herangehensweise an die Fotografie zum spielerischen Angriff auf die Traditionen und Konventionen des Mediums. Dadurch, dass er häufig „Verschnitte“ seiner eigenen Werbearbeiten verwendet, gleicht er einfach einen Laufsteg-Shot mit einem Stillleben eines Kürbis oder einer ländlichen Szene grasender Kühe aus. Seine klaren aber trügerischen und poetischen Portraitgruppen, Landschaften und Stillleben schaffen neue Assoziationen und umfassen die Beliebigkeit des Bildes und der Bildproduktion.

Jim Goldberg, Greece, Lavrio, 2005 (Two detained Afghani refugees point to the refrigerator on which they wrote (approximate translation) 'The Sea of Sadness has no shore'. (Their English translation is 'in the open see (sic) dont have border') Lavrio Detention Center) © Jim Goldberg / Magnum Photos

Jim Goldberg

(geboren 1953 in den USA) wurde für seine Ausstellung „Open See“ in der Photgrapher’s Gallery in London (16. Oktober 2009 – 31. Januar 2010) nominiert. Initiiert durch eine Magnum-Kommission, dokumentiert „Open See“ die Erfahrungen von Flüchtlingen, Immigranten und Geschleusten, die aus kriegsgebeutelten, sozial und ökonomisch zerstörten Ländern kommen, auf der Suche nach einem besseren Leben in Europa. Goldberg verschmelzt Polaroids, Videos, Text, Ephemera und groß- und mittelformatige Fotografien (aufgenommen in Ländern wie dem Irak, Bangladesch, China, dem Balkan oder dem Kongo) und nutzt so seine vielfältige und experimentelle Herangehensweise für fotografisches Geschichtenerzählen, um über Themen der Migration und Umstände zu reflektieren, die eine Flucht nötig machen.

Elad Lassry, Man 071, 2007 © Elad Lassry/ Courtesy of David Kordansky Gallery, Los Angeles, CA

Elad Lassry

(geboren 1977 in Israel) wurde für seine Ausstellung „Elad Lassry“ in der Kunsthalle Zürich (13. Februar – 25. April 2010) nominiert. In seiner verführerischen und doch losgelösten fotografischen und filmischen Arbeit gibt Lassry das Über-Gewöhnliche und Klischeehafte auf sonderbare Weise wieder, sei es ein Kätzchen, ein attraktives Model, Lippenstift oder ein Eierkarton. Indem er analoges Quellenmaterial zur Inspiration heranzieht, wie etwa Werbeaufnahmen oder Agenturbilder, werden Lassrys übersättigte Fotografien oft zu Collagen von bereits existierenden oder neu produzierten Studioaufnahmen, die auf die visuelle Sprache der Produktfotografie anspielen. Der ständige Wechsel zwischen „Original“ und Gefundenem regt einerseits den Dialog zwischen Fotografie und bewegtem Bild an, und lädt andererseits dazu ein, die Idee der Autorschaft, Originalität und Besitznahme zu erkunden.