Deutsche Börse Photography Foundation Prize 2017

Die diesjährige Auswahl würdigt nicht nur etablierte fotografische Erzählungen, sondern auch experimentelle und konzeptionelle Ansätze in der Dokumentar-, Landschafts- und Porträtfotografie. Alle vier Finalisten beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit Fragen wie denen nach Wahrheit und Fiktion, was gewiss ist oder ungewiss, was das Reale vom Idealen unterscheidet sowie nach dem Verhältnis von Beobachten und Beobachtet werden.

Die Arbeiten der Finalisten wurden vom 3. März bis 11. Juni 2017 in der Photographers' Gallery in London und vom 29. Juni bis 17. September 2017 im MMK Museum für Moderne Kunst in Frankfurt ausgestellt. Vom 16. November 2017 bis zum 11. Januar 2018 tourt die Ausstellung erstmals in die USA, wo sie in der Aperture Foundation in New York gezeigt wird.

Am 18. Mai 2017 wurde der diesjährige Preis im Rahmen der "Award Night" in der Photographers' Gallery London an Dana Lixenberg verliehen.

Jury

Susan Bright, Kuratorin; Pieter Hugo, Künstler; Karolina Lewandowska, Kuratorin für Fotografie am Centre Pompidou Paris; Anne-Marie Beckmann, Direktorin der Deutsche Börse Photography Foundation; sowie Clare Grafik, Ausstellungsleiterin, The Photographers’ Gallery als Jury-Vorsitzende ohne Stimmrecht

Die Finalisten wurden für folgende Projekte nominiert:

Dana Lixenberg, Wilteysha, 1993 © Dana Lixenberg, Courtesy of the artist and Grimm, Amsterdam

Dana Lixenberg

Dana Lixenberg (geb. 1964, Niederlande) wurde für ihre Publikation Imperial Courts (Roma, 2015) nominiert. Lixenberg besuchte die Gegend South Central Los Angeles erstmals im Auftrag eines Magazins, um Aufnahmen zu den Unruhen rund um den Prozess zu Rodney King zu machen. Diese Reise inspirierte sie zu einem weiteren Besuch und führte sie zu Imperial Courts, einem staatlichen Wohnprojekt in Watts. Bei zahlreichen Besuchen über einen Zeitraum von 22 Jahren schuf sie ein Gesamtportrait über das sich wandelnde Leben der Bewohner. In dieser Zeit dokumentierte Lixenberg Bewohner, von denen einige getötet wurden, andere verschwunden oder im Gefängnis gelandet sind und wieder andere, die sie in deren Kindertagen bereits fotografiert hatte und die nun selbst Kinder haben. Damit zeigt Imperial Courts eine komplexe und bewegende Darstellung eines Teils der Stadt im Zeitverlauf, der anderweitig wenig Beachtung findet.

Sophie Calle, What do you see?, 2013 © Sophie Calle, Courtesy of the artist and Galerie Perrotin

Sophie Calle

Sophie Calle (geb. 1953, Frankreich) wurde für ihre Publikation My All (Actes Sud, 2016) nominiert, in der sie ihr Gesamtwerk resümiert und als Postkartenset neu editiert hat. Diese Zusammenstellung dient als Portfolio ihrer gesamten Arbeit und bietet durch das neue Format gleichzeitig eine neue Perspektive auf diese. In den letzten 30 Jahren hat Calle z.B. Fremde eingeladen, in ihrem Bett zu schlafen, ist einem Mann durch die Straßen von Paris nach Venedig gefolgt, hat einen Detektiv angeheuert um ihr nachzuspionieren oder bat Blinde, von ihren letzten visuellen Erinnerungen zu berichten. Damit schafft es Calle kurze Momente des Lebens aufzuzeigen, zu denen sie für sich und andere die Spielregeln aufstellt.

Awoiska van der Molen, #364-18, 2013 © Awoiska van der Molen, Courtesy of the artist

Awoiska van der Molen

Awoiska van der Molen (geb. 1972, Niederlande) wurde für ihre Ausstellung Blanco im Foam Fotografiemuseum, Amsterdam (22. Jan. – 3. Apr. 2016), nominiert. Van der Molen erschafft abstrakte Schwarzweißfotos, die das Genre der Landschaftsfotografie wiederbeleben. Die Künstlerin verbringt lange Zeit in Einsamkeit und Stille – in den Landschaften fremder Länder, von Japan über Norwegen bis Kreta. Dabei untersucht sie die Identität eines Ortes und gibt diesem die Möglichkeit, seine spezifischen emotionalen und physischen Merkmale aufzuzeigen und die Künstlerin sich selbst darin erleben zu lassen. Mit diesem Ansatz versucht van der Molen auch, auf die weltweite Umweltkrise zu reagieren, indem sie die Art und Weise kritisiert, in der natürliche und vom Menschen geschaffene Umgebungen gemeinhin dargestellt und behandelt werden.

Taiyo Onorato und Nico Krebs, Well, 2013 © Taiyo Onorato/Nico Krebs, Courtesy of the artists

Taiyo Onorato und Nico Krebs

Taiyo Onorato und Nico Krebs (beide geb. 1979, Schweiz) wurden für ihre Ausstellung EURASIA im Fotomuseum Winterthur (24. Okt. 2015 – 14. März 2016) nominiert. EURASIA nutzt auf spielerische Weise die Ikonographie eines Road Trips, die sich aus dem Erfahrungsschatz von Erinnerung und Imagination speist. Die Reise von Onorato und Krebs beginnt in der Schweiz, verläuft durch die Ukraine, Georgien, Aserbaidschan, Turkmenistan, Usbekistan, Kasachstan und Russland und endet in der Mongolei. Im Laufe dieser Reise trifft das Duo auf Landschaften und Menschen, die sich in einem ständigen Wandel von uralten Traditionen und postkommunistischen Strukturen hin zur Moderne und Bildung einer unabhängigen Identität befinden. Unter Einsatz einer Vielzahl analoger Medien und Techniken – darunter 16mm-Filme, großformatige Plattenkameras und installative Elemente – schaffen Onorato und Krebs ein Werk, das ebenso Fiktion wie Dokumentation ist.