Bettina Rheims

Bettina Rheims, Salma Hayek crying II164 x 134 cm, c-print
Bettina Rheims, Jessica, portrait au chat164 x 134 cm, c-print

Der weibliche Blick

Der weibliche Akt in der Fotografie geht zurück auf den Ursprung des Mediums. Bis weit in das 20. Jahrhundert bewegt er sich im Spannungsfeld von künstlerischer Freiheit und Voyeurismus, von Erotik und Pornographie. Lange Zeit dominierte der „männliche“ Blick, der Frauenkörper als Lustobjekte inszenierte – in Männermagazinen wurden sie zur normierten Massenware. Doch seit den 1930er Jahren emanzipiert sich die weibliche Aktfotografie: Frauen sind nicht mehr nur das Sujet, sie inszenieren sich selbst.

Bettina Rheims hat ein eigenes modernes Frauenbild geschaffen. Seit den 1980er Jahren ist der weibliche Körper und seine erotische Ausstrahlung Thema ihres Werks. Ihr Bildband „Chambre Close“ (1992), der halb entblößte Frauen in Hotelzimmern zeigt, löste heftige Kontroversen aus. „Durch die Kritik an mir als Fotografin habe ich begriffen, wie sehr Frauen auf Rollen festgelegt sind“, erklärt sie, „meine Fotos waren immer auch der Versuch, diese Rollengrenzen zu sprengen.“ Bettina Rheims – Schülerin von Helmut Newton – bezeichnet sich als Feministin. Ihr Blick auf Frauen sei weder voyeuristisch noch männlich. Sie habe versucht, Frauen zu präsentieren, die selbstbestimmt sind und sich ihre zerbrechliche Seite bewahrt haben – „das sind für mich emanzipierte Frauen“. Letztere sind von ihrer Arbeit sehr angetan. „Vermutlich weil auf meinen Bildern das Sexuelle verbunden ist mit Vergnügen und nicht mit Schmerz, wie sonst oft in der Kunst“, glaubt Bettina Rheims. Nicht die Nacktheit stehe im Vordergrund, sondern Gefühle. Ihre Aufnahmen stimulieren die Vorstellungskraft: „Der wichtigste Teil meiner Arbeit ist das Ungesagte, der Bereich, in dem Fragen entstehen und Phantasien. Ich hoffe, dass die Betrachter durch meine Arbeiten etwas über sich und ihre Obsessionen herausfinden.“

Bettina Rheims bewegt sich an der Schnittstelle zwischen angewandter und künstlerischer Fotografie, die Ästhetik ihrer Aufnahmen erinnert an die künstliche und oberflächliche Werbewelt. „Ich fotografiere keine Realität. Ich erfinde eine andere Realität, die nichts mit unserem Leben zu tun hat. Es ist meine Realität.“ Jedes Bild ist eine intellektuelle und visuelle Konstruktion. Heute inszeniert die Fotografin in den konstruierten Interieurs ihres Pariser Studios ein Spiel ohne Grenzen – Vertrauen ist die Grundlage zwischen dem weiblichen Modell und ihr. Männer fotografiert Bettina Rheims kaum. Allerdings hat sie die französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy in deren Auftrag aufgenommen. Diese Arbeiten verleiten Bettina Rheims zu einer vereinfachten Formel: „Man könnte sagen, ich fotografiere nackte Frauen und Präsidenten.“

Biografische Daten

1952

geboren in Paris

1978

Rheims beginnt ihre Karriere mit Straßenfotografie erste Veröffentlichung ihrer Bilder in der Zeitschrift „Egoïste“

1986–88

große Ausstellung im Espace Photographique de Paris ihr erstes Buch „Bettina Rheims“ erscheint

1994

ausgezeichnet mit dem Grand Prix de la Photographie der Stadt Paris

1995

Rheims macht das erste offizielle Foto des französischen Präsidenten Jacques Chirac

2007

Jacques Chirac ehrt Rheims’ Karriere durch die Verleihung der Auszeichnung zum Officier de la Légion d’Honneur

lebt in Paris