Christine Spengler

Christine Spengler, A boy covers his face to protect himself from tear gas, Northern Ireland, 1972, 38 x 57 cm, Silbergelatineabzug
Christine Spengler, Fall‘s Road, Belfast, 1972, 38 x 57 cm, Silbergelatineabzug
Christine Spengler, Funeral of the IRA, Londonderry, Northern Ireland, 1972, 57 x 38 cm, Silbergelatineabzug
Christine Spengler, Carnival in Belfast, Northern Ireland, 1972, 38 x 57 cm, Silbergelatineabzug
Christine Spengler, Children of „Derry“ after a day of battle on the Bogside, Londonderry, Northern Ireland, 1972, 38 x 57 cm, Silbergelatineabzug
Christine Spengler, Bombardement of Pnom Penh, Cambodia, 1975, 38 x 57 cm, Silbergelatineabzug
Christine Spengler, Nursery of the Polisario Front, The Western Sahara, 1976, 38 x 57 cm, Silbergelatineabzug
Christine Spengler, Nouenna, fighter of the Polisario Front, The Western Sahara, 1976, 57 x 38 cm, Silbergelatineabzug
Christine Spengler, Cimetière de Qom, Iran, 1979, 38 x 57 cm, Silbergelatineabzug
Christine Spengler, First Anniversary of the Iranian Revolution, Teheran, Iran, 1979, 38 x 57 cm, Silbergelatineabzug

Auf der Seite der Unterdrückten

Die Kriegsfotografie ist ein hartes Geschäft. Nahezu täglich sind die vielen Frauen und Männer, die in Konfliktgebieten arbeiten, dem Anblick von Gewalt, Tod und Schmerz ausgesetzt. Dieses Leid zu erleben und mit der Kamera festzuhalten ist keine leichte Aufgabe und stellt die Fotograf*innen vor viele Fragen und Herausforderungen: Wie gelingt es, die meist sehr komplexen Zusammenhänge der Auseinandersetzungen so in Bilder zu fassen, dass sie für die Rezipient*innen – in der Regel die Konsument*innen von Medien – lesbar und verständlich sind? Wo lässt sich in der expliziten Darstellung von Gewalt die Grenze ziehen zwischen der Wahrung von Authentizität und der Bedienung von Voyeurismus? Und schließlich: Wie können die Menschen hinter der Kamera selbst die erlebten Geschehnisse verarbeiten?

Die französische Fotografin Christine Spengler hat mehr als 30 Jahre in Kriegs- und Krisengebieten gearbeitet. Spengler, die 1945 im Elsass geboren wurde und in Madrid aufwuchs, kam eher durch Zufall zu diesem Metier. Als sie 1970 mit Mitte Zwanzig mit ihrem jüngeren Bruder den Tschad bereiste und dort in einen bewaffneten Konflikt geriet, begann sie, mit seiner Kamera zu fotografieren. Obwohl beide daraufhin für Wochen als vermeintliche Spione inhaftiert wurden, war es dieses Ereignis, das zu Christine Spenglers Entschluss führte, die Kriegsfotografie zu ihrem Beruf zu machen. Ihr Weg führte sie zunächst nach Nordirland, wo sie 1972 den blutigen Bürgerkrieg dokumentierte. Es folgten zahlreiche Einsätze in anderen Ländern und Regionen, unter anderem in Vietnam, Kambodscha, dem Iran, der Westsahara, dem Kosovo, Afghanistan und dem Irak. Spengler lieferte ihre Bilder an die großen Bildagenturen wie AP, Sigma und Sipa, sie erschienen auf den Titelseiten renommierter Zeitungen und Magazine wie Life, Paris Match, Time und Newsweek.

Ihrer Entscheidung folgend, ihre Arbeit denen zu widmen, die unschuldige Opfer des Krieges sind, fotografierte sie vor allem Frauen und Kinder. Ihre Bilder zeigen mit großer Empathie, wie diese versuchen, in den Wirren der Konflikte ihren Alltag zu bewältigen, zu überleben und die unsägliche Gewalt um sie herum zu ertragen. Spengler zeigt dabei auch die Unerschrockenheit der Frauen, die eine aktive Rolle im Krieg spielen, sei es als Fotografin, wie sie selbst, oder aber als Kämpferinnen. Ihr besonderes Mitgefühl galt stets den vielen Kindern, die mit der selbstverständlichen Präsenz von Waffen aufwachsen mussten und in manchen Konflikten, wie in Nordirland, gar zu Mittätern gemacht wurden. Die Energie, mit der es vielen von ihnen dennoch gelang, dem Chaos zu trotzen, weiterzuleben und Spaß zu haben, empfand Spengler auch als Zeichen der Hoffnung.

Das gesehene und fotografierte Elend hat auch bei Christine Spengler Spuren hinterlassen. Mit Ende 50 wendete sie sich von der Kriegsfotografie ab und begann, farbenfrohe, surrealistische Collagen anzufertigen. Die Hinwendung zum Schönen sei für sie eine Art „Exorzismus“, erklärt Spengler, der ihr dabei hilft, die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten.

Biografische Daten

1945

geboren im Elsass, Frankreich

1952

Umzug nach Madrid

1970

macht ihr erstes Foto im Tschad während der Toubou-Kriege und beschließt, als Kriegsfotografin zu arbeiten

1972

dokumentiert Konflikte in Nordirland

1973

arbeitet in Vietnam, wo sie für die Agentur Associated Press arbeitet

1974 bis 1975

arbeitet in Kambodscha und fotografiert die Bombardierung von Phnom Penh

1976 bis 1979

arbeitet in der Westsahara und fotografiert die Kämpfer der Polisario-Front für das "Time" Magazin

1981

arbeitet in Nicaragua und El Salvador

1982 bis 1984

arbeitet im Libanon

1997

arbeitet einen Monat lang in Afghanistan, um die von den Taliban unterdrückten Frauen zu fotografieren

1998

ausgezeichnet mit dem Prix Roger-Pic für ihr Projekt „Femmes dans la guerre” von der Société Civile des Auteurs Multimédia (SCAM) in Paris

2000

arbeitet im Kosovo im Auftrag des Magazins „El Mundo“

2003

arbeitet im Irak im Auftrag des Magazins "Paris-Match"

2007

wird zum Chevalier des Arts et des Lettres ernannt

lebt in Ibiza, Spanien