Jessica Backhaus

Jessica Backhaus, Anitka, 2003, 59 x 40 cm, c-prints
Jessica Backhaus, Violetta by the lake, 2003, 41 x 54 cm, c-prints
Jessica Backhaus, Dominika, 2004, 55.9 x 40.3 cm, c-print
Jessica Backhaus, Dorota, 2003, 55.9 x 40.3 cm, c-print
Jessica Backhaus, Malwina, 2004, 55.9 x 40.3 cm, c-print
Jessica Backhaus, Olga, 2003, 53.5 x 40.8 cm, c-print
Jessica Backhaus, Violetta, 2003, 55.9 x 40.3 cm, c-print
Jessica Backhaus, Pink Beata, 2004, 41 x 56 cm, c-prints
Jessica Backhaus, Old Fashion, 2004, 56 x 40 cm, c-prints
Jessica Backhaus, Grüne Küche, 2003, 56 x 42.3 cm, c-print
Jessica Backhaus, Leokadia und Edwins Zimmer, 2004, 56 x 42.3 cm, c-print
Jessica Backhaus, Himbeer Interieur, 2004, 56 x 42.3 cm, c-print
Jessica Backhaus, Rynowo im Regen, 2001, 40.7 x 53.5 cm, c-print
Jessica Backhaus, Europa in blau, 2004, 40.3 x 55.9 cm, c-print
Jessica Backhaus, Zeit vergeht, 2004, 41.8 x 55.9 cm, c-print

Ländlicher Lebensraum

In Westpommern, zwei Autostunden östlich von Stettin, liegt das Dörfchen Netno. Kurz nachdem der Sozialismus zusammengebrochen und die Grenzen wieder durchlässig waren, erwarb die Familie Backhaus dort ein altes Gutshaus. Seit Anfang 2000 hat Jessica Backhaus viele Sommer dort gemeinsam mit ihrer Mutter verbracht, die Gegend durchstreift, Freundschaften mit den Einheimischen geschlossen – und fotografiert. Ungefähr 300 Fotos sind im Laufe des mehrjährigen Projekts entstanden, 94 Bilder hat Jessica Backhaus am Ende ausgewählt und ihnen den Titel „Jesus and the Cherries“ gegeben.

„À la recherche du temps perdu“ hätte die Fotoserie auch heißen können. Denn von jeher ist der Wertekanon auf dem Land konservativer als in den Städten, ist der Glauben tiefer verankert, sind die Menschen ernster und ursprünglicher, geht der Wandel langsamer vonstatten, ist Vergangenes dort greifbarer. Jessica Backhaus dokumentiert einen ländlichen Lebensraum, der westlich geprägten Zivilisationsmenschen wie eine Idylle erscheinen muss, in der die Zeit stehen geblieben ist.

Ist deshalb die Welt dort noch in Ordnung? Das Lebensgefühl der Menschen in Westpommern gründet vor allem in ihrer Religiosität und ihrer Nähe zur Natur. Jessica Backhaus hat viele Innenräume aufgenommen: keine Wand ohne Heiligenbild, und die Kirschen werden von der Hausfrau selbst eingemacht. Ein Kühlschrank gilt als Statussymbol, darum findet er seinen Platz im Wohnzimmer und nicht in der Küche. Floral gemusterte Tapeten und Hirschgeweihe zieren die Wände, die Spitzendeckchen sind selbst gefertigt, natürlich fehlt fast nirgendwo ein Bild des polnischen Papstes Johannes Paul II. Neben den überwiegend menschenleeren Interieurs zeigt Jessica Backhaus uns auch Porträts: authentische, bescheidene Menschen, im Einklang mit ihrer Umgebung und sich selbst.

Doch die Idylle ist brüchig geworden, zumindest stellenweise. Die Kleidung etwa signalisiert einen latenten Generationskonflikt: Während sich die Jugendlichen am westlichen Stil orientieren, sind die Älteren noch traditionell angezogen. Ein Jugendzimmer, vollgestopft mit Postern von Popstars, lässt ahnen, wohin die Reise geht: Irgendwann werden Spitzendeckchen und Kruzifixe verschwinden und die eingemachten Kirschen im Supermarkt gekauft. Allein die uralte Kulturlandschaft Westpommerns, die auf einigen wenigen Bildern zu sehen ist, strahlt eine fast unantastbare Erhabenheit aus.

Biografische Daten

1970

geboren in Cuxhaven

1986

Umzug nach Paris, um die folgenden 8 Jahre dort Fotografie und Visuelle Kommunikation zu studieren, Tätigkeit als Bildredakteurin

1995

Umzug nach New York, Assistenzen bei verschiedenen Fotografen

lebt in Europa und den USA