Joel Sternfeld

Joel Sternfeld, McLean, Virginia, December 1978, 122 x 149 cm, c-print
Joel Sternfeld, Exhausted renegade elephant, Woodland Washington, June 1979, 36 x 46 cm, c-print
Joel Sternfeld, Near Lake Powell, Arizona, August 1979, 122 x 149 cm, c-print
Joel Sternfeld, Hailey, Idaho, June 1980, 122 x 149 cm, c-print
Joel Sternfeld, Kansas City, Kansas, Mai 1983, 126 x 153 cm, c-print
Joel Sternfeld, The Bronx, New York, November 1982, 126 x 153 cm, c-print

Auf der Suche nach der Utopie

Als Agfa und Kodak 1936 den Dreischichtenfilm auf den Markt brachten, wurde die Farbfotografie massentauglich. Aber eine Bedeutung als Kunstform sprach man dem Medium jahrzehntelang ab – bis in den siebziger Jahren einige Pioniere der Farbfotografie diesem Vorurteil vehement entgegenwirkten: Stephen Shore und William Eggleston sind ihre bekanntesten Vertreter.

Auch Joel Sternfeld gehört dazu. Seine Aufnahmen aus der Serie „American Prospects“ sind Zeugnisse eines gekonnten Umgangs mit dem Farbfilm und der Breitbildkamera. Entstanden sind die Bilder zwischen 1978 und 1987 auf Reisen von der Ost- zur Westküste der USA. Zweimal reiste Joel Sternfeld im VW-Campingbus ein ganzes Jahr lang, immer wieder brach er für einige Wochen auf, getrieben von der Frage, ob die Utopie einer besseren Welt doch noch eine Chance habe.

Joel Sternfeld fotografiert aus der Sicht eines Einheimischen. Doch seine Heimat hat für ihn mehrere Dimensionen: Es gibt das Amerika, in dem er behütet aufwuchs und von dem ihm berichtet wurde, und das Amerika, das er auf seinen Reisen ab 1978 kennen lernte: eintönig, technologisiert, verwirrend, bizarr. Den Glauben an die heile Welt verlor Joel Sternfeld bei seinen Roadtrips, nicht aber seinen Humor und ein Stück Sarkasmus – beides schwingt in seinen Aufnahmen immer mit.

Eigentlich fotografiert Joel Sternfeld gewöhnliche Menschen in gewöhnlichen Umgebungen. Doch den herkömmlichen Szenarien entlockt er immer wieder ungewöhnliche Motive. Seine prosaischen Stillleben fangen die Ironie und die Absonderlichkeiten des amerikanischen Alltags in monumentalen Bildern ein: Beispielhaft ist die skurrile Aufnahme des kollabierten Elefanten auf einer Landstraße im Bundesstaat Washington. Ist das ein Stück konstruierte Wirklichkeit? Nichts ist gestellt in Joel Sternfelds Aufnahmen, nichts manipuliert – immer wieder ist er zur rechten Zeit am rechten Ort.

So klar wie kein anderer Fotograf seiner Generation hat Joel Sternfeld die Frage nach der künstlerischen Daseinsberechtigung der Farbfotografie beantwortet: Er positionierte das Medium nicht nur als Kunstform, er ließ es sogar in Konkurrenz zur Malerei treten: Joel Sternfelds Aufnahmen sind filigran komponiert, die Farben virtuos aufeinander abgestimmt, gekonnt geht er mit dem Licht um. Er tritt damit den Beweis an, dass die Farbfotografie den Vergleich mit der Malerei nicht zu scheuen braucht.

Biografische Daten

1944

geboren in New York, USA

1965

schließt Studium der Fotografie am Dartmouth College ab

Seit 1985

unterrichtet Fotografie am Sarah Lawrence College in New York

1990/91

erhält den Prix de Rome

2004

erhält den Citibank Private Bank Photography Prize (heute Deutsche Börse Photography Foundation Prize)

lebt New York, USA