Maisie Cousins
Augenschmaus
Stillleben erfreuten sich insbesondere im Zeitalter des Barocks großer Beliebtheit. Traditionell widmet sich diese Kunstgattung der Darstellung von reglosen Dingen wie Blumen, Früchten, erlegten Tieren und Gegenständen des Alltags, die künstlerisch arrangiert wurden. Trotz ihrer farbenfrohen Abbildung sollten die Objekte ihre Betrachter*innen aber auch daran erinnern, dass Schönheit vergänglich und das Leben endlich ist. Die britische Künstlerin Maisie Cousins gestaltet ihre Fotografien als moderne Interpretationen des Stilllebens. Die von ihr abgebildeten, mitunter noch sehr lebendigen Objekte sind Teil einer farbenprächtigen, opulenten und auf den ersten Blick lustvollen Inszenierung. Wer genauer hinschaut, entdeckt jedoch schnell, dass Cousins Bilder nicht nur Blüten, Obst und nackte Haut zeigen, sondern auch Essensreste, Müll und Kleintiere, die den reizvollen Anblick und die Assoziation von Schönheit irritieren, wenn nicht sogar zerstören.
Cousins Universum ist voller farblicher Kontraste, Antagonismen und ungewöhnlicher Perspektiven: Es ist ein Spiegel ihrer sinnlichen Exkursionen durch die organischen und nicht organischen Objekte ihres eigenen Haushalts. Dabei überlässt sie durchaus nicht alles dem Zufall. Sie komponiert ihre Motive im Studio, wo sie die einzelnen Bestandteile nach Gefühl arrangiert und anschließend beginnt der chemische Prozess der Verwesung. Wenn sie dann nach einiger Zeit zurückkehrt und durch das Makroobjektiv ihrer Kamera erneut auf die Sujets blickt, haben ihre Arrangements plötzlich ein interessantes Eigenleben entwickelt.
Cousins Motive entspringen jedoch nicht nur der Neugier der Künstlerin, sondern sie spiegeln auch ihre jeweilige persönliche Gefühlslage wider. Lustvoll glänzende Nacktheit, die sich erst auf den zweiten Blick anatomisch zuordnen lässt oder phallisch anmutende Botanik erzählen von erotischen Sehnsüchten. Sinnlich aufgeladen werden Cousins Aufnahmen zusätzlich durch die haptische Erscheinung von Oberflächen wie öliger Haut oder feuchten Blüten, die nahezu greifbar erscheinen. Mit kraftvoller Ästhetik erschafft Cousins in ihren Fotografien ein faszinierend unbeschwertes Wechselspiel zwischen Anziehung und Ekel, Schönheit und Hässlichkeit sowie Zufall und Arrangement.
Biografische Daten
1992
geboren in London, Großbritannien
2014
schließt Studium der Fotografie an der Brighton University, London ab
2018
wird für das Talents Programm des Fotografiemuseums Foam Amsterdam ausgewählt
lebt in London, Großbritannien