Mitch Epstein

Mitch Epstein, Cocoa Beach 1, 1983, 51 x 61 cm, c-print
Mitch Epstein, Miami Beach I, Florida, 1976, 51 x 61 cm, c-print
Mitch Epstein, New Orleans II, Louisiana, 1975, 51 x 61 cm, c-print
Mitch Epstein, West Side Highway, New York City, 1977, 51 x 61 cm, c-print
Mitch Epstein, French Quarter II, New Orleans, Louisiana, 1975, 50.8 x 60.9 cm, c-print
Mitch Epstein, Topanga Canyon, California, 1974, 50.8 x 60.9 cm, c-print

Bunte Freizeit

Zeit ist ein kostbares Gut – vor allem der Teil, über den man frei verfügen kann. Jeder Mensch nutzt die verfügbare Zeit auf seine Art: alleine oder mit anderen, für Sport oder zur Erholung, zu Hause oder auf Reisen. Von der Gestaltung kurzer oder langer Auszeiten lebt heute eine ganze Industrie. „Frei-Zeit“ hat auch eine kulturelle Dimension: Engländer*innen versammeln sich im Pub, Spanier*innen flanieren beim „paseo“ durch die Gassen, Italiener*innen treffen sich im Kreis der Großfamilie, Brasilianer*innen am Strand, viele Kulturkreise in Asien versinken in die Meditation.

In seinem Bildband „Recreation“ zeigt Mitch Epstein den „American Way“ des Umgangs mit der Freizeit: 66 Farbfotografien werfen einen raffinierten Blick auf die amerikanische Erholungskultur der 1970er und 1980er Jahre – „bevor das Vergnügen zum Allgemeingut wurde“. Auf Roadtrips fand Mitch Epstein unschuldige Motive: Motels mit ihren Swimmingpools, Aufenthaltsräume an Flughäfen, urbane Wartesituationen und ländliche Auszeit-Szenarien. „Erholung ist nicht einfach irgendwas – sie ist eine Geisteshaltung“, erklärt er. Entsprechend groß ist die Bandbreite seiner Aufnahmen: Sie zeigen Vorfreude und Aufbruch, aber auch skurrile Situationen und Verlorenheit, denn manchmal scheinen die Menschen nicht zu wissen, wie sie mit der verfügbaren Zeit umgehen sollen. Es sind zum Teil sehr private Augenblicke, die Mitch Epstein mit seiner Kamera einfängt. „Für mich steht das gesamte Projekt für den Verlust von etwas. Es zeigt eine Zeit, als wir noch optimistischer waren, als wir eine andere Wahrnehmung von Freiheit hatten.“

Mitch Epstein versteht sich nicht als Dokumentarfotograf, sondern als Künstler; er schafft ein neues Bild der Wirklichkeit, nicht einfach ein Abbild. „Ich muss interpretieren, kann die Welt nicht einfach nur erfassen, so wie sie ist.“ Seine Bilder sind ein Beleg für die damalige Unbekümmertheit und schier grenzenlose Freiheit der Fotograf*innen – eine Freiheit, die durch den zunehmenden Voyeurismus der Medien stark eingeschränkt wurde. Die Bilder aus „Recreation“ stehen am Beginn von Mitch Epsteins Karriere: „Fotografie ist eine Sprache – und ich musste sie verwenden.“ Diese Sprache hat er in nunmehr 30 Jahren weiterentwickelt und verfeinert. Dabei fotografiert er, wie er spricht: wohlüberlegt und präzise. Der US-Amerikaner gehört zu den Wegbereitern der Farbfotografie, ihr Einsatz ist für ihn selbstverständlich: „Es ist ganz natürlich, Farbe zu verwenden, sie ist schließlich Teil der Welt – Farbe vermittelt Informationen.“ Über die Farbe und eine durchdachte Komposition schafft Mitch Epstein in sich geschlossene Bildwelten – und verwirklicht sein Credo: „Es geht darum, Bilder zu machen, die ein Eigenleben führen.“

Biografische Daten

1952

geboren in Holyoke, Massachusetts, USA

1970–74

studiert Fotografie am Union College, Schenectady, New York, der Rhode Island School of Design, Providence und am Cooper Union College, New York

Mitte der 1970er

beginnt seine fotografischen Projekte auf seinen Reisen durch die USA umzusetzen

1999-2001

lehrt als Associate Professor (Privatdozent) für Fotografie an der School of the Arts, Winston-Salem, North Carolina und am Bard College, Annandale-on-Hudson, New York

2002

wird in das Förderprogramm der John Simon Guggenheim Memorial Foundation aufgenommen

lebt in New York City