Paul Almasy
Archiv der Welt
Paul Almasy (1906–2003) ist ein Pionier der Fotoreportage. Mehr als sechs Jahrzehnte bereiste er mit seiner Kamera den Globus. Ungefähr 120.000 Aufnahmen entstanden in dieser Zeit – ein „Archiv der Welt“, wie Almasy selbst sein Gesamtwerk nannte. Denn er sortierte seine Aufnahmen nach Ländern, die er besucht hatte. Für jedes Land gliederte er die Fotografien nach Kategorien: Staat, Wirtschaft, Kultur, Alltagsleben, Tiere und Pflanzen sind nur einige davon. Auf diese Weise entstand ein detailliertes und umfassendes Bildarchiv, heute ein einzigartiges Dokument der Zeitgeschichte.
Paul Almasys Gesamtwerk zeugt von Neugier an gesellschaftlichen Zusammenhängen und von einer Vorliebe für das Fremde. Im Mittelpunkt seiner Schwarz-Weiß-Aufnahmen steht fast immer der Mensch. Almasys Interesse ist dabei unabhängig von sozialer Zugehörigkeit oder Milieu: Er fotografierte die Mächtigen seiner Zeit, die Künstler*innen der Pariser Bohème, aber auch Hebammen in Afrika, Reisbäuerinnen*bauern in Indonesien und Straßenkinder in Mexiko. Auch wenn Almasy Armut und Not thematisiert, wird er nie zum Voyeur. Er nimmt respektvoll Anteil am Geschehen und wahrt zugleich die Distanz des Beobachtenden. Diese Einstellung verinnerlichte er: „Wenn ich fotografiert habe, bin ich niemals in die Hocke gegangen wie ein Katze, die kurz davor ist, ihre Beute anzuspringen. Niemals habe ich mit meinem Apparat angegriffen.“ Paul Almasy hat sich zeit seines Lebens als Fotojournalist verstanden, nicht als Fotograf. Seine Bilder sollten in erster Linie informieren – das Formale sollte niemals den Inhalt dominieren. Und dennoch verzaubern Almasys Fotografien, in denen sein untrügliches Gespür für Motiv, Blickwinkel und Bildausschnitt zur Geltung kommt.
Mit 17 Jahren verließ Paul Almasy seinen Heimatort Budapest. Nach einigen Zwischenstationen − unter anderem in Wien und München − landete er in Paris, der Stadt, die zu seiner Wahlheimat werden sollte. Für den Autodidakten wurde die französische Hauptstadt zum Hauptbezugspunkt seiner Arbeit; sie war zugleich auch sein Tor zur Welt. Von hier aus begannen seine unzähligen Weltreisen im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation WHO, der UNESCO und von UNICEF. Als Gastdozent lehrte Paul Almasy einige Zeit an der Sorbonne. 1956 wurde er französischer Staatsbürger. Im September 2003 starb Paul Almasy im Alter von 97 Jahren in Paris.
Biografische Daten
1906
geboren in Budapest
1924–28
studiert Politikwissenschaften in Wien, München und Heidelberg
1929–31
arbeitet als Korrespondent für die deutsche Presseagentur „Wehr” in Rom
1936–39
durchquert die Sahara mit dem Auto für die Berliner Illustrierte Zeitung ausgedehnte Reisen durch Europa, Afrika und den Nahen Osten
1952
Mitarbeiter der UN-Organisationen UNESCO, UNICEF, WHO, IAO und FAO
1993
erhält den “Ordre national du Mérite” Frankreichs
2003
stirbt in Frankreich