Samuel Fosso
Fotografische Selbsterkundungen
Als Samuel Fosso 1975 im Alter von dreizehn Jahren sein eigenes Fotostudio in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik eröffnete, hatte er schon viel erlebt. In Kamerun geboren, litt er bereits als Kleinkind an einer Lähmung, die nur dank seines Großvaters, eines Heilers in Nigeria, langsam kuriert werden konnte. Der Ausbruch des Biafra-Kriegs 1967 zwang Fosso zur Flucht, zunächst nach Kamerun und schließlich nach Bangui. Nach einer kurzen Lehre bei einem ortsansässigen Fotografen machte er sich dort als Porträtfotograf selbstständig.
Um kein kostspieliges Filmmaterial zu verschwenden, begann er abends, die noch nicht ganz vollen Filme mit Selbstporträts zu füllen. Fosso inszenierte sich darin mit ausgefallenen Kleidungsstücken und Accessoires als Gender-übergreifende schillernde Figuren, für die er Inspiration in Magazinen fand. Hin und wieder schickte er Aufnahmen an seine Großmutter, doch darüber hinaus zeigte er sie niemandem, auch weil er mit seinen recht unkonventionellen Inszenierungen keine politische Verfolgung riskieren wollte. Dies änderte sich im Jahr 1994, als er zur Fotobiennale in Bamako, dem bedeutendsten Festival dieser Art in Afrika, eingeladen wurde und dort eine erste Auszeichnung erhielt. Erst die darauf folgenden Begegnungen und Gespräche mit für den afrikanischen Kontinent bedeutenden Fotografen wie Malick Sidibé und Seydou Keita schärften Fossos Bewusstsein für die Relevanz seiner eigenen künstlerischen Arbeit und motivierten ihn, diese weiterzuentwickeln.
Er selbst bleibt der Protagonist seines Werks, das sich – stets um Fragen der Identität kreisend – zunächst in der Darstellung von Archetypen fortsetzt und zunehmend politischer wird. Für seine 2008 fertiggestellte Serie „African Spirits" wählt Fosso vierzehn Persönlichkeiten aus Afrika und Nordamerika aus, die die schwarze Bevölkerung auf beiden Kontinenten in ihrem Kampf für Gleichberechtigung, Unabhängigkeit und Freiheit maßgeblich begleitet und unterstützt haben. Zu ihnen zählen Politiker wie Nelson Mandela und Patrice Lumumba ebenso wie die Bürgerrechtler*innen Angela Davis, Malcolm X oder Martin Luther King, aber auch für die schwarze Bürgerrechtsbewegung bedeutende Sportler wie Muhammad Ali oder Tommie Smith. Fosso hat ihre bereits existierenden Porträts unterschiedlicher Herkunft in zeitintensiven und aufwändigen Sitzungen mit seinem eigenen Konterfei neu inszeniert. Als Vorlage dienten dabei sowohl Fahndungs- und Polizeifotos als auch Pressebilder und professionelle Studioaufnahmen. Fossos großformatige Schwarz-Weiß-Aufnahmen sind eine Hommage an diejenigen, die dazu beigetragen haben, die Rechte der Schwarzen zu stärken. Viele von ihnen haben für ihr Engagement einen hohen Preis zahlen müssen, nicht wenige davon mit dem eigenen Leben. Mit „African Spirits" stellt er sicher, dass sie und ihre Leistungen nicht vergessen werden, damit auch nachfolgende Generationen eine Vorstellung davon bekommen, welcher Abschnitt auf dem Weg in die Gleichberechtigung bereits geschafft ist und welcher nicht.
Biografische Daten
1962
geboren in Kumba, Kamerun
1975
eröffnet sein erstes Fotostudio in Bangui, Zentralafrikanische Republik
2018
Infinity Award (Art)
lebt in Bangui, Zentralafrikanische Republik und Paris, Frankreich