Simon Norfolk

Simon Norfolk, A Governement building close to the former Presidential Palace at Darulaman, destroyed in fighting between Rabbani and the Hazaras, 2001, 100 x 127 cm, c-print
Simon Norfolk, Rusting anti-aircraft cannon casings on Kohe Asmai in central Kabul, 2001, 100 x 127 cm, c-print
Simon Norfolk, Former Teahouse in a park next to the Afghan exhibition of Economic & Social Achievements, 2001, 100 x 127 cm, c-print
Simon Norfolk, Track of destroyed Taliban tank at Farm Hada military near Jalalabad, 2001-02102 x 127 cm, c-print
Simon Norfolk, Freiluftkino mit Einschusslöchern am Kulturpalast in Kabul, 2001, 105 x 130 cm, c-print
Simon Norfolk, Altes Doppeldecker-Flugzeug auf einer Präsentationsplattform auf dem Messegelände in Kabul, 2001, 100 x 127 cm, c-print

Gegen diesen Krieg

Die Entwicklung militärischer Technik von der Schleuder, mit der David einst Goliath erschlug, bis zum Tarnkappenbomber ist eine parallel zur Kulturgeschichte fortschreitende Negativfolie. Dass der Krieg der Vater aller Dinge sei, wussten schon die alten Griechen; es liegt wohl daran, dass das sogenannte Böse so alt ist wie die Menschheit selbst.

Seit jeher gibt es Leute, die sich gegen den Krieg empören. Von historischen Dimensionen lassen sie sich nicht beeindrucken. Sie wollen sich nicht damit abfinden, dass wir nicht in der Lage sind, die Welt so einzurichten, dass Angehörige aller Nationen, Religionen und sozialen Klassen friedlich zusammenleben können. Leute, die so denken, nennt man Pazifist*innen. Als Pazifist sieht sich Simon Norfolk nicht. Aber er ist gegen diesen Krieg: den Krieg der USA gegen den Terrorismus. Er nennt ihn arrogant und imperialistisch.

Norfolk hat diesem Krieg den Kampf angesagt, seine Waffe ist die Kamera. Jedoch nicht die Kleinbildkamera der Kriegsberichterstatter*innen, mit der er mitten im dramatischen Geschehen steht, sondern die großformatige Plattenkamera der Fotokünstler*innen, die Distanz herstellt. Mit ihr bereiste er Afghanistan – wo Krieg und Zerstörung die Landschaft und die Architektur seit Jahrtausenden prägen – und komponierte Bilder von großer Klarheit, Ruhe und Erhabenheit.

Zu sehen ist auf ihnen, was der Krieg dem Land hinterlassen hat: die Front eines zerschossenen Regierungsgebäudes, die Überreste eines Teehauses, Ruinen eines Busbahnhofs, ein Friedhof für Flugzeuge oder eine verlorene Panzerkette, die sich wie die Wirbelsäule eines Saurierskeletts auf dem Wüstenboden windet. „Ich hätte sehr viel schlimmere Bilder mitbringen können“, sagt Simon Norfolk, „aber keiner will mehr verstümmelte Körper und so etwas sehen.“ Deshalb hat Norfolk einen anderen Weg gewählt, um die Schrecken des Krieges anzuklagen: den der bizarren Schönheit.

Wenngleich seine Bilder den Anschein erwecken – ein Klassizist ist Norfolk keineswegs. Schönheit gilt ihm nirgendwo als Selbstzweck, sondern als Mittel, um den*die Betrachter*in zu seiner Perspektive zu verführen. Dem wohlgefälligen Blick künden die stummen Zeuge*innen vom schrecklichen Geschehen, das die Bilder aussparen – von Blutbädern, menschlichen Abgründen und unendlichem Leid.

Biografische Daten

1963

geboren in Lagos, Nigeria

studiert Soziologie und Philosophie an der Universität Bristol

studiert Dokumentarfotografie in Newport bei David Hum

2001

erhält den World Press Photo Award

2003

Finalist für den Citibank Private Bank Photography Prize (heute Deutsche Börse Photography Foundation Prize)

2005

erhält den Le Prix Dialogue des "Les rencontres de la photographie d’Arles"

2013

erhält den Prix Pictet

lebt in London, Großbritannien und Kabul