Thomas Hoepker
Im Dienst der Menschen
Die Geburtsstunde des Fotojournalismus fällt in das frühe 20. Jahrhundert, als die Fotografie dank vereinfachter Drucktechniken Zeitungen und Zeitschriften eroberte. Die Bilder sollten das Tagesgeschehen illustrieren; mit Einführung von Kleinbildkameras wie der Leica wurden Bildreportagen zum integralen Bestandteil der gedruckten Medien. Durch den Aufschwung von Nachrichtenpresse und Fachzeitschriften in den 1930er Jahren stieg auch der Bedarf an Fotografien. Ein neuer Typ Journalist entstand: der Fotoreporter.
Thomas Hoepker steht in dieser Tradition. Er ist mit Leib und Seele Fotoreporter – und bezeichnet sich selbst gar als „Auftragsfotograf“ oder „Bilderfabrikant“. Erste Fotografiepreise gewann er mit 14 Jahren; 2003, mit 57 Jahren, wurde er Präsident von Magnum. Dazwischen liegt ein Leben im Zeichen des Fotojournalismus. Ende der 1960er Jahre arbeitete Thomas Hoepker regelmäßig für Jahrbücher und Zeitschriften, darunter fest für renommierte Magazine wie stern und GEO. Fotoreportagen führten ihn in die ganze Welt. „Wichtiger als das Honorar war mir immer, dass ich Zeit bekam, denn ich wollte mich in die Themen einfinden und einarbeiten. Man muss eine Menge wissen – dann sieht man anders.“ Diesen Freiraum haben Pressefotografen heute nicht mehr, denn das kurzlebige Internet nimmt ihnen die publizistische Plattform. Thomas Hoepker hatte hingegen oft mehrere Wochen Zeit, um eine Geschichte zu fotografieren. Auf diese Weise entstanden Aufnahmen, deren Einfühlsamkeit und Poesie für seine Bildsprache bezeichnend sind. Das Interesse am Menschen und an gesellschaftlichen Themen ist ein wiederkehrendes Element in seinem Werk; mit der „concerned photography“ hat er einen fotografischen Ansatz geprägt, der für Humanität steht und sich der Belange unterprivilegierter Menschen annimmt.
Der Hang zu formaler Perfektion ist eine Konstante in den Bildern von Thomas Hoepker. Er versteht es, zwei zentrale Elemente der Fotografie – „frame and content“ – gekonnt zusammenzuführen. „In meiner Fotografie geht es darum, im Hintergrund zu warten, bis alles stimmt, bis sich alles zum Bild fügt.“ Nie manipuliert er eine Aufnahme: „Ich bin Reporter, mir geht es um Wirklichkeit.“ Diese Wirklichkeit zeigt Thomas Hoepker – der in Kriegsgebieten und Armutsgegenden viel Elend sah – nie in voller Härte. „Man fotografiert kein sterbendes Kind“, bringt er seinen Grundsatz auf den Punkt. Beim Blick auf das Leid in der Welt sei die Kamera wie ein Schutzschild gewesen. „Von den Grundsituationen des Lebens – Geburt, Liebe, Trauer, Tod – gibt es schon viele meisterhafte Bilder. Es wächst die Gefahr, dass man viele Situationen schon allzu oft erlebt und aufgenommen hat.“ Lohnt es sich noch, Bilder zu machen? „Die Welt ist überfotografiert. Aber es gibt immer wieder neue Realitäten und neue Themen.“
Biografische Daten
1936
geboren in München
1956-1959
Studium der Kunstgeschichte und Archäologie in Göttingen und München
1987-1989
Art-Direktor des Magazins 'Stern' in Hamburg
2003-2006
Präsident von Magnum Photos
lebt in New York City, USA