Yoon Jean Lee

Yoon Jean Lee, Still-Life Nr. 7, 2003, 180 x 135 cm, c-print
Yoon Jean Lee, Still-Life Nr. 22, 2003, 200 x 175 cm, c-print
Yoon Jean Lee, Still-Life Nr. 32, 2004, 180 x 165 cm, c-print
Yoon Jean Lee, Still-Life Nr. 33, 2004, 200 x 64 cm, c-print

Überraschungen im Alltag

Der Mensch wird im Alltag von optischen Reizen überflutet – und hat gelernt zu übersehen, was er nicht unmittelbar benötigt, auch in den eigenen vier Wänden. Yoon Jean Lee rückt in ihren Fotografien die wenig beachteten Alltagsgegenstände in den Vordergrund: ein Regal, ein Telefon, einen Stuhl, eine Tasse. Die Aufnahmen aus der Serie „Still-Life“ dokumentieren den Blick der Südkoreanerin auf ihre kleine Welt, die sie mit der Kamera seziert. Die Gegenstände kommen aus einem Mikrokosmos: der Wohnung der Künstlerin oder den Wohnungen ihrer Freund*innen. „In der Stillleben-Serie geht es um physisches Eindringen in die Privatsphäre“, sagt Yoon Jean Lee.

Als sie 1995 von Seoul nach Düsseldorf zog, um dort an der Kunstakademie Fotografie zu studieren, fühlte sie sich in Deutschland wie ein Fremdkörper. Damals hatte sie Zeit, sich mit ihrem Umfeld auseinanderzusetzen, und begann, mit der Kamera die unbekannte Umgebung zu erforschen. Der Einfluss ihrer Lehrmeister*innen – zunächst Bernd und Hilla Becher, später Thomas Ruff – ist nicht zu übersehen: Yoon Jean Lees Fotografien sind nüchtern und sachlich; ihre Herangehensweise ist systematisch; sie fotografiert in Serien. Ihre Aufnahmen sind unprätentiöse Stillleben, die die Betrachter*innen durch ihr überdimensionales Format beeindrucken – und amüsieren, denn durch die Überhöhung des vermeintlich Trivialen werden die Aufnahmen skurril und entbehren nicht einer gewissen Ironie.

Mit ihrer Kamera definiert Yoon Jean Lee einen bestehenden Raum neu. Sie wählt eine unorthodoxe Bildkomposition und eigenwillige Perspektiven – mal fotografiert sie vom Boden aus, mal von oben, oft schneidet sie Objekte an. Ein gewöhnlicher Glastisch mit Metallfuß wird durch die Draufsicht zur ornamentalen Wohnzimmerblüte; ein gedeckter Tisch weckt die Neugierde, denn weil er von unten fotografiert wurde, ist kaum zu sehen, was auf ihm steht; die Aufnahme eines Sideboards und eines grünen Schreibtischstuhls überrascht, weil beide zu Randobjekten degradiert werden: Im Bild dominiert eine weiße Wandfläche. So bricht Yoon Jean Lee mit gängigen Sehgewohnheiten und zeigt die Alltagsgegenstände auf nicht alltägliche Weise. Es ist diese unorthodoxe Perspektive, die die Betrachter*innen fasziniert und ihnen zeigt, dass auch der Alltag viele Überraschungen birgt – wenn man ihn aus einem ungewohnten Blickwinkel betrachtet.

Biografische Daten

1972

geboren in Seoul, Korea

1994

Abschluß am Seoul Institute of the Arts, Korea

1996–2002

Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Bernd Becher und Thomas Ruff

2002–2003

Abschluß als Meisterschülerin und mit Akademiebrief der Kunstakademie Düsseldorf

lebt in Seoul und Düsseldorf